Ich bin furchtbar aufgeregt. Meine Finger zappeln über die Tastatur, im Hintergrund plärren die mittlerweile großen Kinder, in mir vibriert es. Wie ein innerer Dynamo. Nach Monaten der Abstinenz klicke ich durch meine eigenen Beiträge, blättere durch die Seiten meines Blogs, rufe Statistiken auf. Tränen steigen mir in die Augen, als ich sehe, dass ich zuletzt im Mai einen Artikel veröffentlicht habe und trotzdem knapp 6.000 Seitenaufrufe im Monat habe. Ich will damit nicht angeben, da dies hier kein monetäres Blog ist, interessieren die offiziellen Zahlen eigentlich niemanden… Aber er wird GELESEN. Obwohl ich doch eigentlich dachte, dieses Thema endgültig an den Nagel zu hängen, gehe ich die Kommentare durch, lese die Worte, die neu eingetrudelt sind, will sie genehmigen, vielleicht noch einmal eben nachsehen, was so neu ist…. als ein Blitz mich durchfährt.
„Ich kann grade gar nicht in Worte fassen – und wenn doch bräuchte ich vermutlich mindestens tausend – wie sehr mir dieser kleine Text aus der Seele spricht, mich spiegelt, mich begleitet und ein überwältigendes Gefühl des Verstanden-Seins gibt von dem ich gar nicht wusste wie sehr ich es brauchte…
Danke <3“
Damals… und noch immer.
Als ich zu bloggen anfing, das weiß ich noch genau, saß ich oft auf einem Stuhl an unserem Esstisch, während meine Kinder auf dem Boden davor spielten oder lag bei ihnen im Bett, weil sie niemals alleine schliefen und ich stundenlang bei ihnen bleiben musste. Genau wie heute zitterten mir dabei die Hände, Anspannung in jeder Pore – nur aus einem anderen Grund. Ich war ausgelaugt, sämtliche Energiereserven verbraucht. Dieses Medium – das einzige Sprachrohr nach draußen. Ein kleiner großer Alien mit kleinen Alienkindern, der sich in der lauten, wilden Welt vor der eigenen Tür nicht zurecht fand, mit seinen albernen Ansichten von einer besseren Welt, von Menschen, die andere wegen ihrer Sensitivität einfach akzeptierten und von Familien, die tatsächlich gleichwürdig und in Beziehung leben könnten. Ich schrieb mir die Finger wund und den Schmerz raus. Und ich weinte, manchmal minutenlang, so sehr, dass ich hinter dem Tränenvorhang meine eigenen Worte nicht mehr erkennen konnte. Ich lernte, mein Innerstes nach Außen zu kehren und nicht mehr so zu tun, als hätte ich alles im Griff. Oder als würde das überhaupt irgendjemandem irgendetwas nützen, so zu tun, als sei ich glücklich mit dem Scherbenhaufen, der sich mir Tag für Tag offenbarte.
In meinen eigenen Worten fand ich Heilung. Wie eine Selbsttherapie lernte ich mich zu reflektieren und herauszuschreien, was ich allein nicht mehr tragen konnte. Bedingungslosigkeit, ungefragtes Aussprechen von schmerzhaften Wahrheiten, ungeschminkte, rohe, schmutzige Wahrheit über den Schlamm der ersten Jahre, durch den du als Mutter waten musst. Keine Beschönigung mehr, keinen Bock auf Heititieiti, keine Lust so zu tun, als wäre all das nicht wichtig. Doch – es war wichtig. Für mich, die den schleimigen Auswurf auf den Boden spucken und endlich wieder frei atmen konnte. Und für euch – die ihr mich verstehen konntet, wie sonst niemand.
Der Zauber der alten Tage
Und so öffne ich also die Kommentare meines eigenen Kleinodes und lese, dass nach all den Jahren und den unzähligen Versuchen, mich von dir, oh du wunderbarer Öko-Hippie-Blog, zu lösen, da draußen noch immer Frauen an ihren Smartphones sitzen und weinen vor lauter „überwältigendem Gefühl des Verstanden-Seins“. Ich zittere, fühle, wie der Zauber des Bloggens in meine Finger zurückkehrt und wie er intuitiv schafft, was eben auch nur er bewirken kann: Im Schreiben bin ich frei, ich schäme mich nicht, für gar nichts. Da gibt es keine Konzepte von Schuld und Scham, in dieser künstlerischen Freiheit liegt all die Erlaubnis, die ich so dringend brauche, um der Welt die Augen zu öffnen für ihre Wahrheit, ihre Schönheit, für ihre Herausforderungen und ihren Dreck. Mein inneres, intuitives Gefühl davon, dass einfach alles existieren und dazu gehören darf, dass nach Krisen Wachstum erfolgt, dass wir niemals nur von Licht und Liebe leben könnten, dass wir die Dunkelheit und den Schmerz brauchen – vielleicht um wirklich zu spüren, was es bedeutet zu leben.
Denn jetzt sind meine Kinder in einem Alter, in dem sie nicht mehr halb bewacht spielen müssen, während ich tippe und meine Finger fliegen nur so über die Tastatur, während ich es spüre, in jeder Pore, in jeder Zelle, ein Gefühl, wie frisch verliebt sein, wie zittern, knabbern, beißen, spüren, Adrenalin: Ich bin zurück. Und ich fühle mich sauwohl damit, hier wieder häufiger meine Meinung zum Leben sagen zu dürfen.
Alles beim Alten? Mitnichten!
Meine Kinder sind in der Zwischenzeit „groß“. Und sie wollen nicht mehr thematisiert werden – was ich selbstredend respektiere. Aber ich, ich bin ja noch da. Nicht mehr ganz die Alte, aber auch nicht NICHT die Alte. Ja, ich habe es geschafft, meine Vision und meine Berufung zum Beruf zu machen und bin unendlich stolz – aber mein Innerstes kehre ich da auch nicht nach Außen. Ich berate und begleite – aber ganz persönlich ich sein, das kann ich hier. Und ich lade euch wieder ganz herzlich dazu ein, es mir gleich zu tun.
Auch meine Interessen haben sich verändert, in all den Jahren. Ihr werdet hier sicherlich mehr von Spiritualität und Achtsamkeit lesen, weil es eine Kathrin nicht mehr ohne gibt. Und weil es schön ist, was soll ich machen. Aber kein Grund zur Sorge – ich hab schließlich auch immer noch diesen Ton am Leib, und ich versichere euch, den habe ich in meinem gesamten Leben noch nicht geschafft abzustellen. Mittlerweile will ich das aber auch gar nicht mehr. Also freue ich mich mindestens genau so sehr darauf, mich mit euch über Ungerechtigkeiten, idiotische Ratschläge, bekloppte Modelle und respektlose Umgangsweisen mit unseren Kindern auszulassen.
Manche Dinge ändern sich nie.
Ich habe das Bloggen vermisst, aber so viel kann ich schon verraten: Ich war nicht untätig. Nein, ich habe sehr viel geschrieben, in diesen letzten Monaten und werde (ja, das ist ein Versprechen) auch niemals damit aufhören. Es erfüllt mich mit Stolz, Glück und Schönheit, Poesie und Motivation und …..ja ja ich glaube, ihr habt es verstanden. Ich freue mich unendlich darauf, euch wieder zu lesen. Nach eurer Meinung zu fragen. Themenwünsche zu kriegen. Gastbeiträge zu veröffentlichen. Unsere kleine Online-Community wieder zu beleben und zu aktivieren und durch dieses kleine Guckloch in eine besondere Blase einzutauchen, die wir so dringend brauchen, um in der Welt da draußen zu bestehen.
Manche Dinge ändern sich eben nie.
5 Antworten
Welcome Back!!! ??? Wat freu ich mich, Du hast mir gefehlt!
???
Hallo Kathrin,
ich freue mich für dich (und für uns), dass du den Zauber der Bloggerei wieder hervorgekramt hast. Ich drücke dich Mal lieb und sende liebe Grüße.
Sarah
*quieeeetsch*…
Ich freue mich!
Immerhin warst du es, die mich vor einiger Zeit mit deinem insta-kommentar so neugierig machte, dass ich mir dieses ominöse „chanten“ doch mal näher anschauen musste.. was soll ich sagen…
Wir haben vorher schon viel gesungen, aber das ist für mich SELBST soo so wertvoll, sei gedrückt!
Und: wellcome back?
Absolut obergenial!