Rezension
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Was tun, wenn einen die blöde Bemerkung des Chefs immer wieder tief trifft? Oder wenn die abfällige Art eines Familienmitgliedes psychischen Schmerz bereitet? Oder wenn wiederkehrende Konflikte einen weit mehr belasten, als nur für den Moment?
Rolf Sellin – Ins Herz getroffen: Selbsthilfe bei seelischen Verletzungen
Kösel Verlag – Erschienen: 3. Oktober 2016
Rolf Sellin gibt in seinem Buch „Ins Herz getroffen“ Hilfe zur Selbsthilfe, um in Momenten der emotionalen Überforderungen alternative Wege zu kennen, das eigene Herz und die eigene Verletzbarkeit zu schützen. In 13 Teilen greift er verschiedene Problematiken auf: von tief begrabenen Verletzungen in der Kindheit bis hin zu unterschiedlichen Lebensmodellen innerhalb einer Familienkonstellation, die zu Anspannung, Druck und innerer Verletzung führen kann. Das Buch ist eine Mischung aus Ratgeber und Workbook: innerhalb der einzelnen Kapitel tauchen immer wieder neue Methoden auf, die der/die Leser/-in anwenden kann, um sich zu schützen, zu trösten und selbst wieder aufzubauen. Zum Beispiel empfiehlt er die Methode, sich selbst durch Berührung zu stärken. Bei einem auftretenden Konflikt oder dem Gefühl, durch eine Aussage wie durch einen Stich ins Herz getroffen worden zu sein, und der Empfindung, dass uns in schmerzhaften Momenten eine warme Berührung durch einen geliebten Menschen helfen könnte, übernehmen wir genau dies selbst. Das geschieht zunächst durch die einfache Berührung des Handgelenks, wobei der Druck, den wir dabei ausüben, je nach Stärke der Verletzung variieren kann. Wenn wir uns trauen oder gar gerade allein sind, so kann auch helfen, sich buchstäblich selbst zu umarmen. Durch die bewusste Berührung rufen wir uns Besonnenheit und Selbstfürsorge zurück ins Gedächtnis und trösten uns selbst. Mit einfachen und doch raffinierten Ideen begleitet Sellin den/die Leser/-in auf dem individuellen Weg, für sich selbst genau die Methoden zu finden, die die psychische Verletzung lösen kann. Sowohl klassische, wie das leise oder laute Selbstgespräch, das konstruktive Aufschreiben der eigenen Gedanken und Lösungsideen oder Trancemuster erkennen und auflösen als auch – für mich – neue Vorgänge, wie Positions- und Perspektivenwechsel oder die genaue Definierung, wer man vor dem Schmerz war, wer man heute ist und welche Werte genau kollidiert sind, sind gelistet und detailliert beschrieben.
In den einzelnen Kapiteln beschreibt Sellin genau, wieso wir gerade in der heutigen, von rationalem Denken bestimmten Zeit, weiter an Gefühlen festhalten müssen und wie es überhaupt zu seelischen Verletzungen kommen kann. Er behandelt auch die einzelnen Stufen der Verletzung selbst sehr genau: den Moment der eigentlichen Verletzung, die Möglichkeit der „Ersten Hilfe“, der später eintretenden Trance und auch, was mit einem geschieht, wenn im Inneren verborgene, unverheilte Wunden schlummern. Vor allem die zweite Hälfte des Buches widmet sich sehr gezielt der verschiedenen Techniken, sich selbst und seine „Kerbe“ zu heilen, zu vergeben und weiter zu entwickeln.
Hilfe zur Selbsthilfe – das betont Sellin mehrfach im Buch. Es ersetzt jedoch bei wirklich schwerwiegenden Verletzungen, geweckten Dämonen oder psychischen Krankheiten nicht die Therapie mit einem ausgebildeten, fachkundigen Therapeuten oder Berater! Hier geht es tatsächlich um (fast) alltägliche Ärgernisse, die in ihrer Schwere und ihren Folgen variieren.
„Seelische Verletzungen finden überall und zu jeder Zeit statt. Sie sind schmerzhaft und zugleich die Triebfeder, mehr Menschlichkeit zu verwirklichen und uns der Macht der Verhältnisse nicht zu unterwerfen. Es ist der Schmerz, der unsere Sehnsucht wach und lebendig hält, damit Entwicklung geschieht.“ (S.212)
Besonders spannend fand ich seine an den Leser persönlich gerichteten Worte und die eindringliche Bitte, sich sofort psychotherapeutische Hilfe zu suchen, falls das Buch schlafende Dämonen geweckt oder den/die Leser/-in verunsichert haben sollte. Seinen empathischen und wertschätzenden Umgang mit den Menschen, die sein Buch lesen, mag ich sehr.
Ich bin auf dieses Buch gestoßen, da ich Rolf Sellin bereits von seinen Werken Wenn die Haut zu dünn ist: Hochsensibilität – vom Manko zum Plus und Mein Kind ist hochsensibel – was tun?: Wie Sie es verstehen, stärken und fördern kenne und auch dieses Buch im Bereich der Ratgeber und Lektüren für hochsensible Menschen empfohlen wurde. Und tatsächlich sehe ich, warum und möchte es gerade meinen hochsensiblen Leser/-innen ans Herz legen.
Hochsensiblen Menschen hallen – vor allem! – die negativen Geschehnisse und Bemerkungen ihres Umfeldes lange nach. Es fehlt oft gleichzeitig an Selbstregulation oder passenden Strategien, sich selbst die Wut, den Ärger oder die Anspannung zu nehmen. Eine aufgebrachte, hochsensible Person ohne zurechtgelegte Strategien wird sich schwer selbst trösten können. Wer also mit den verletzenden Kommentaren der Kollegen im Büro, der Schwiegermutter oder den nahestehenden Menschen schwer umgehen kann und lange darunter zu leiden hat, der findet in diesem Buch gute Anhaltspunkte, um künftig Alternative Handlungsstrategien anzuwenden. Die vorgeschlagenen Methoden können erprobt und fast einstudiert werden und helfen so in der Situation mit der Zerrissenheit, Wut, der Anspannung und auch mit dem eigenen Schmerz besser umzugehen und souverän reagieren zu können.
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