Von Annika
Wir haben ein E-Auto gekauft. So ein rein elektrisches kleines Auto. Nein, kein Hybrid. Rein elektrisch. Warum ich in diesem Rahmen hier darüber schreibe? Auf einem Blog, den nahezu ausschließlich Eltern lesen? Ist das hier überhaupt unser Thema? Ja. Ich glaube es ist genau hier Thema.
Ob wir ohne Kinder bekommen zu haben die gleiche Kaufentscheidung getroffen hätten? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.
Die Ankunft von unserer Kleinen (Amalia) und unserem Großen (Conner) in unserem Leben hat nicht nur unser Schlafverhalten auf den Kopf gestellt, dafür gesorgt, dass ich endlich begriffen habe, dass ich nicht nur „zu empfindlich“, sondern schlicht hochsensibel bin, mein ganzes Berufsleben in völlig neue Bahnen gelenkt und all die anderen kleine und riesengroßen Wendungen die mit Familiewerden in Zusammenhang stehen.
Da war noch was. Da war plötzlich echte Zukunft.
So langsam begriff ich, dass es da etwas auf dieser Welt gibt, was über meine persönliche Lebensspanne hinaus geht und dabei aber doch immer mit mir zu tun haben wird. Auf immer und ewig. Etwas, wofür ich große Verantwortung trage. Diese eine Sache, die weit über die seelische und körperliche Entwicklung, die Schullaufbahn und das Erwachsenwerden dieser beiden kleinen Menschen hinaus geht. Die weit über meinen Horizont hinaus geht und mich in seiner Monstrosität oft nahezu zu ersticken droht…: Die Zukunft meiner Kinder. Ihre Lebensgrundlage.
Wir haben die Erde nicht von unseren Eltern geerbt – sondern von unseren Kindern geliehen.
Indianische Weisheit
Ich könnte nun eine lange Liste sehr treffender Zitate dazu einfügen. All diese Gedanken scheinen gar nicht so neu zu sein. Aber sie fühlen sich doch sehr viel dringlicher an, wenn es um die eigene Brut geht… Wer weiß, wie die Welt aussehen wird, wenn sie Senioren sein werden. Werden sie überhaupt gesund alt werden können? Oder werden Umweltgifte, Klimaveränderung, künstlich veränderte Lebensmittel, Gentechnik und was der Mensch sich sonst noch so alles einfallen lässt, ihre Leben vorzeitig beenden? Werden sie selbst Kinder in diese sich verändernde Welt setzen wollen und können?
Manchmal bade ich in dieser Panik. Mein Herz rast bei dem Gedanken. Die Angst sitzt mir im Nacken und schnürt mir die Luft ab. Die große Verantwortung und Verzweiflung liegt gigatonnenschwer auf meinen Schultern. Was tun wir hier? Wie soll das weitergehen? Warum stoppt keiner den Wahnsinn? Wie wollen wir das eines Tages erklären, wenn unsere Enkel uns mit unschuldigen, großen, fragenden Augen anblicken und wissen wollen „Warum habt ihr nichts verändert, ihr wusstet doch, was das alles mit der Erde macht?“
Winzige Kleinigkeiten
Seit geraumer Zeit lebe ich vegan/vegetarisch. Ja, das hat auch mit dem Auto zu tun. Ich leiste damit meinen kleinen Beitrag zum Schutz unseres Planeten. Denn jeder Bissen zählt. Ich verwende keine Plastiktüten (auch schon vor dem offiziellen aus in einer großen Supermarktkette), reduziere Plastik nach und nach wo es geht. Wir verzichten auf Feuerwerk zu Silvester, Kleidung und Spielzeug kaufen und verkaufen wir privat. Wir wohnen auf dem Dorf und können tatsächlich sehr viele Wege mit dem Rad machen anstatt dem Auto. Tatsächlich kann auch ein Wocheneinkauf für eine 4-köpfige Familie ohne Auto bewältigt werden. Mit dem Fahrradanhänger. Wenn ein Kind in den Einkaufswagen passt, dann passt auch ein Einkauf in den Kinder-Fahrradanhänger.
Das sind alles winzige Kleinigkeiten. Klingt jetzt alles nicht so, als ob ich mich damit brüsten dürfte, oder? Macht ihr das auch alle so? Und wenn nicht, was wäre, wenn doch? Wenn wir alle nur diese winzigen Kleinigkeiten berücksichtigen würden? Jeder die Kleinigkeiten die in seinen persönlichen Möglichkeiten liegen. Was würde passieren…?
„Was soll einer ALLEINE schon ausrichten?“ …fragte sich die halbe Menschheit.
Es gibt ja so Sätze, die prägen sich ein. Die verändern alles. Ich habe eine wundervolle Freundin, sie ist sehr aktiv im Umweltschutz. Sie sagte zu mir einen dieser Sätze.
„Stress dich doch nicht. Jede Mahlzeit zählt. Du musst es nicht gleich perfekt machen.“
Ich bin ihr so dankbar für diesen Satz. Es war und ist mein Schlüsselgedanke. Zu allem was ich in Sachen Umweltschutz eben nicht so perfekt hinkriege wie ich das gerne hätte. Eine entspanntere Erwartungshaltung an mich selbst hat alles viel leichter gemacht.
So. Und was ist jetzt mit dem Auto?
Das ist auch nicht so perfekt wie ich es gerne hätte. Natürlich wissen wir auch um die Kritik an den Herstellungsbedingungen der verbauten Akkus. Aber – trotz all der Bedenken: dass der Verbrennungsmotor es ganz SICHER nicht besser macht, das steht zumindest außer Frage. Mein Mann wird damit pendeln. Jeden Tag 80 km weit. Jeden Tag 80 km ohne klimaschädliche Abgase.
In Planung haben wir dazu noch eine Photovoltaik-Anlage für unser Dach. Die wird bestimmt auch nicht die perfekte Lösung sein. Das sind dann außerdem auch wieder ein paar Jahre ohne Familienurlaub am Strand. Spart aber auch wieder Flugzeugabgase ?
Wenn ich also das Glück haben sollte in große Enkelkinderaugen blicken zu dürfen und die mich dann fragen „Was habt ihr getan?“ Dann kann ich antworten: „Es war nicht perfekt was wir getan haben, aber wir haben was getan, nach unseren Möglichkeiten. Wir haben Verantwortung übernommen. Deine Zukunft war uns nicht egal.“
Eine Antwort
Danke für jeden Einzelnen, der so denkt, schreibt und spricht.